Zum Beginn der Ausbildung treffen sich in den Bildungsgängen neue Gruppen mit einer großen Heterogenität. Einige Studierenden haben bereits eher bedrohliche existenzielle Erfahrungen gemacht (Trennung der Eltern, Umzüge, Mobbing, Flucht etc.). Demgegenüber stehen andere, die in eher behüteten Verhältnissen aufwachsen und oft über noch wenig differenzierte Erfahrungen bezüglich der Reflexion des eigenen Lebensweges verfügen. Allen Studierenden ist gemeinsam, dass sie einen neuen Lebensabschnitt einschlagen mit dem Ziel, eine Ausbildung im sozialpädagogischen
Bereich anzugehen und zu schaffen. Um ein Team zu bilden, aber auch die Berufsmotivation zu erkennen, ist es anfangs auch hilfreich biografisch mit den Studierenden zu arbeiten.
Biografisches Arbeiten erlaubt es im Allgemeinen, den Blick für große Zusammenhänge und Erfahrungen des Lebens zu öffnen und Spannungen in Lebensläufen nachzuvollziehen. Gerade eine eigene Positionierung gelingt mit Hilfe von Fremdbiografien wesentlich einfacher, weil die Teilnehmer*innen dabei eine Distanz entwickeln können, die es ihnen ermöglicht, von ihren eigenen „Identitätskonstrukten" Abstand zu nehmen. Zudem können sie daran verschiedene Haltungen gedanklich durchspielen, um schließlich evtl. zu einer eigenen, eventuell neuen Orientierung zu gelangen.
Graffiti wird hier im Kontext einer kritischen Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und gegebenen Verhältnissen, im Kontext von Identitätsbildung und Biografiearbeit sowie im Kontext von jugendlicher Raumaneignung thematisiert.
Die Gestaltung ihres neuen Wirkungsbereiches soll den Teilnehmer*innen einen Blick nach vorne und zurück ermöglichen.
Das Projekt gliedert sich in drei Abschnitte:
1. Vermittlung von Wissen über den Ursprung und den Kontext von Graffiti.
2. Erarbeitung von eigenen gestalteten Alphabeten im Graffiti-Stil durch eine Auseinandersetzung mit Grundlagen von Gestaltungsprinzipien.
3. Erarbeitung von Motiven zur Wandgestaltung. Reinigung und Grundierung der Flächen, Durchführung der Bemalung in Schutzkleidung unter Anleitung.
Ziele sind neben der biografischen Reflexion und dem kreativen Erlebnis, eine
Vermittlung des Gefühls für grafische Darstellung, Farbgestaltung und Proportionen.