Romeo sucht Julia - aber sucht Julia diesen Romeo?
Eine Herzblattshow über das Suchen und Finden der Liebe
In diesem Theaterprojekt soll an Hand der berühmtesten Liebesgeschichte der Literatur
das Thema Sehnsüchte und Projektionen von Jugendlichen bezüglich Verlieben, Flirten,
Daten, Sexualität und Beziehungen behandelt werden. Sie sollen sich inhaltlich und
stilistisch auf moderne Weise mit dem Klassiker auseinandersetzen. Dramaturgisch wird
das Stück wie die Herzblattshow aufgebaut: in mehreren Runden wählen Kandidaten aus
einer Gruppe von ihnen unbekannten Werbern ihr "Herzblatt" aus. Die Konkurrenten
müssen mit der Macht der Stimme und einfallsreichem Anpreisen ihrer selbst bzw.
Abwerten ihrer Konkurrenten die auswählende Kandidatin beeinflussen.
Mehrere Romeos und Julias stehen hier stellvertretend für liebesuchende Jugendliche mit
unterschiedlichem Migrationshintergrund, Bildungsstand, Behinderungsgrad. Z. B. eine
Julia, die im Rollstuhl sitzt, ein türkischer Romeo der Serkan heißt und nur eine Muslima
heiraten möchte, eine Julietta aus der oberen Bildungsschicht auf der Suche nach dem
Erfolgstypen, ein Romeuz, Schulabbrecher, eine Julie, die an Leukämie erkrankt ist, und
die gepflegt werden muss, ein Roman, der eine biedere Hausfrau sucht. Die Spannung
steigt, je näher die Entscheidung für einen Werber kommt: wie und was wird sich beim
ersten visuellen Aufeinandertreffen der Liebenden abspielen: Begeisterung, Enttäuschung,
Wut, Angst oder Verstellung. Der Shakespeareklassiker wird als Folie benutzt, um aktuelle
gesellschaftliche Konflikte und Themen der Schüler am Berufskolleg wie Migration und
Inklusion aufzugreifen und mit der Suche nach der Liebe zu verbinden. Das Prinzip
"Mädchen wählt Jungen" und "Junge wählt Mädchen" wird erweitert und aufgebrochen: die
Kandidatin entscheidet sich je nach Bewerber für den Moderator oder den Kameramann,
ein Junge entscheidet sich für einen Mitkonkurrenten. Kandidaten werden aus
vergangenen Shows in Rückblenden gezeigt: wie die Liebenden miteinander nicht
auskamen, was sie sich für zukünftige Dates und Beziehungen erträumen.
Stilistisch wird das Mittel der Collage angewendet. Es werden ausgewählte modernisierte
Shakespearetexte als Material benutzt, weitergeschrieben und ergänzt werden von
Facebookchats, SMS-Nachrichten, Internetbloggs, Pop- oder RapSongs. Der Collagestil
ermöglicht, assoziativ Szenen zum dem Stoff einzufügen: Modeschauen für die Bewerber,
Gastauftritte von Flirtratgebern, Musiksongs, eingespielten Videos, Fernsehköche mit
Kochtipps beim Date usw. Jugendliche sollen einen Prozess gestalten, in dem sie sich je
nach ihrem Interesse mit unterschiedlichen Medien und Kunstformen einbringen können,
um ihren medialen Erfahrungen mit dem Thema, ihren Stärken und Vorlieben einen Raum
zu geben. Ein Stück für Spiel- und Rechercheinteressierte, die hinter der Kamera, am PC
im Tonstudio, mit der Frisierschere, in der Bühnenbildwerkstatt oder am Schneidertisch
arbeiten, um eine Theateraufführung zu gestalten, die den persönlichen Kompetenzen der
Berufskollegschüler eine Bühne bietet.